„Heiland“, 2018, Öl, Terpentin und Toner auf Portraitleinen, 80x70cm

„I, Rubens“,2018,Öl, Terpentin und Toner auf Portraitleinen, 90×80 cm

„Black Christ“, 2017, Verschiedene Materialien, 80x55x45 cm

Thomas Helbig
Use Your Relatives. Home.
22. September bis 28. Oktober 2018
Eröffnung / 21. September / 19 Uhr
Begrüßung / Elisabeth Mehrl, Vorsitzende KV Rosenheim
Einführung / Dr. Verena Hertz, Kunsthistorikerin
Veranstaltungen
7. Oktober / Sonntag / 11 Uhr
Ausstellungsführung / Dr. Olena Balun
28. Oktober / Sonntag / 16 Uhr
Vortrag / Dr. Björn Vedder
"17./21."
Zur Aktualität des Barocken in der Kultur der Gegenwart
Finissage
Bewirtung mit lokalen Lebens-Mitteln
Der Künstler ist anwesend
Figuration - Abstraktion - Metamorphose
Kunst-Gespräch für Schulklassen oder Gruppen
Termin nach Vereinbarung / Dauer 45 Minuten
Schüler 2 Euro / Erwachsene 5 Euro
Thomas Helbig · Use Your Relatives - Home
„Use Your Relatives“ – Benütze deine Angehörigen. Diese merkwürdige Aufforderung tituliert bereits zum zweiten Mal eine Ausstellung von Thomas Helbig. Sie stammt aus einem Zeichenlehrbuch und fordert dazu auf, die eigenen Verwandten als Objekte für das Zeichenstudium zu verwenden. Wie ein Blick auf die vergangene Show in Los Angeles im Jahr 2010 und die aktuelle Ausstellung im Rosenheimer Kunstverein zeigt, berührt der Titel die anhaltende Auseinandersetzungen des Künstlers mit der Reproduktion oder Wiederverwendung von Bildern und Motiven in Kunstgeschichte und Alltag. Die in L. A. ausgestellten Arbeiten waren zum Teil Übermalungen von Porträts, die Helbig auf Flohmärkten erworben hatte. Andere Bilder riefen die Formensprachen der Avantgarde der Moderne auf, die ‚reanimiert’ erneut in eine Art geistig-schwebenden Raum transferiert wurde. In seinen „Ruinen der Moderne“ (Zdenek Felix) erscheinen die Rückgriffe wie Erinnerungen.
In den neuen Bildern von 2018 zeichnen sich vereinzelt und fragmentarisch Gesichter auf der Leinwand ab, die uns auf eine vertraute Art fremd sind. An ihrem entrückten Blick erkennt man die traditionelle Portraitmalerei. Wir sehen unsere Verwandten aus vergangenen Zeiten. Schemenhaft wie Geister, die gegen das Vergessen ankämpfen, tauchen sie aus der Bilderflut der Reproduktionen auf. Individuen, die aus ihrem Kontext gerissen, kaum zu identifizieren sind. Helbig verwendet das Mittel der Nitrofrottage um Reproduktionen von Gemälden und Fotografien partiell auf die rohe Leinwand zu bannen. Mit dem Terpentin sickert der graue Toner in den Stoff. Ein feuchter Abdruck, ein Gesicht erscheint auf dem Tuch: Vera Ikon – das wahre, nicht von Menschenhand gemachte Bild. Es bleibt bestehen während der Mensch vergeht. Zugleich wirken diese Bildnisse wie Erscheinungen der flüchtigen, bildhaften Erinnerung, die einem fragmentarisch und unerwartet zustößt. Was nicht erinnert wird, ist im Nebel verborgen. Wie sieht Erinnerung aus? Ist sie schwarzweiß wie Fotografien in alten Familienalben? „– Wer war dieser Mann? – Vergessen. (Bald auch wir)“.
Die Körperfragmente aus unterschiedlichen Quellen von Helbig in einem Bild montiert, lösen diffuse Assoziationen aus – in einer Kollision der Ungleichzeitigkeit, wie sie auch die Erinnerung herstellt.
Dieses Zusammenfügen heterogener Elemente zu aperspektivischen und atemporalen Collagen findet sich bei Helbigs Skulpturen wieder. Wie nach einer tatsächlichen Kollision durch magnetische Anziehungskraft, bilden dort Bruchstücke von Figuren neue Wesen, Torsi und theatralische Ensembles. Diese vielfach morbiden und in barocker Überfülle gestalteten Objekte gehen auf kitschige Dekorationsfiguren des in endlosen Reproduktionsschleifen verwerteten Personals der Kunstgeschichte und Popkultur zurück.
Bei Helbig folgt dem Zerstörungsakt die Metamorphose in Werke, die der Oberflächlichkeit einer positivistischen Abbildungskultur eine „Metapher der Tiefe“ (Helbig) entgegensetzen.
Ihr geistiger Raum erfordert Zeit, um erschlossen zu werden.
Cora Waschke, 2018
Thomas Helbig (geb. 1967 in Rosenheim) lebt und arbeitet in Berlin
1989–1996 | Studium der Bildenden Künste an der AdBK München, Meisterschüler bei Prof. Jerry Zenuik, Diplom. |
1995–1996 | Masterstudium der Bildenden Künste am Goldsmiths College, London, Abschluss MA Fine Arts. |
Einzelausstellungen (Auswahl)
2018 | Ritratti di donne, Guido W. Baudach Galerie, Berlin |
2016 | The Presentation, Polansky Gallery, Prague, Czech Republic |
In a Present, Galerie Thomas Brambilla, Bergamo, Italy | |
2013 | S, Galerie Rüdiger Schöttle, Munich |
2012 | Form and Fear and Muse, Galerie Diana Stigter, Amsterdam |
2010 | Use Your Relatives, China Art Objects Gallery, Los Angeles |
2009 | Mário Sequeira Gallery, Braga, Portugal | 2008 | Remote Pulse, Bortolami Gallery, New York |
Complete Birth, Eleni Koroneou Gallery, Athens | |
Stern der Musen, Kunstverein Oldenburg (cat.), Oldenburg |
Gruppenausstellungen (Auswahl)
2017 | Metamorphosis, curated by Felix Zdenek, KAI 10 | Arthena Foundation, Düsseldorf, Galerie Guido W. Baudach, Berlin, Galerie SVIT, Prague |
2015 | Wo ist hier? #2: Raum und Gegenwart. Bildhauerei und Installation seit 2000, Kunstverein Reutlingen |
2013 | The Inevitable Figuration, Museo Pecci, Prato, Italy |
Ein Vages Gefühl des Unbehagens. Thomas Helbig - Victor Man - Helmut Stallaerts, Museum Dhont-Dhaenens, Deurle, Belgium | |
2012 | Accelerating Toward Apocalypse, Doron Sebbag ArtCollection, ORS Ltd., Tel Aviv |
2011 | Gesamtkunstwerk: New Art from Germany, Saatchi Gallery, London |